In 120 Tagen durch die Alpen- von Triest nach Monaco
Große Ideen brauchen Zeit zu wachsen. Du hattest einen tollen, wanderreichen Sommer und willst noch mehr? Wir sähen den Samen und wollen dich für nächstes Jahr inspirieren. Wie wäre es mal mit einer Alpenüberquerung entgegen der klassischen Richtung, sondern diesmal von Ost nach West?
Das hat unser Community Mitglied Marina Wolf gemacht. 120 Tage, 2500 Kilometer, 142.000 Höhenmeter von Triest nach Monaco. Ganz alleine zu Fuß über die Alpen.
Komm mit auf ihre Reise und lass dich von der Begeisterung anstecken und danach vielleicht von deinem persönlichen Abenteuer nächstes Jahr träumen?
Warum hast du dich ausgerechnet für diese Art der Alpenüberquerung und dann im speziellen für den roten Weg der Via Alpina entschieden?
Ich recherchierte im Internet und entdeckte schon nach kurzer Zeit diesen Fernwanderweg. Irgendwie kam der Entschluss, dass es dieser Weg sein soll, dann recht schnell. Es fühlte sich einfach richtig an.
Die Wahl der roten Via Alpina war sehr spontan und intuitiv. Nachdem ich eine 4-wöchige Wanderung von München nach Venedig einige Jahre zuvor erleben durfte war mir wichtig, einen Weg zu gehen, der es mir länger erlaubt, in unseren wunderschönen Alpen unterwegs zu sein und einen ganzen Alpensommer miterleben zu dürfen.
Wie hast du dich an die Tourenplanung gemacht?
Die Planung war mit Outdooractive und ging super einfach Die offline-Karte hatte ich stets parat. Als Backup hatte ich die Routen- und Unterkunftsinfos von via-alpina.org als Printversion bei mir. Ein Backup in Print möchte ich zur Not nicht missen. Es wäre nicht notwendig gewesen, denn mit der Offline-Karte von Outdooractive hat alles super funktioniert, doch zur Not schleppe ich lieber noch ein Backup im Print-Format mit mir rum. Sicher ist sicher – und wenn ich das Backup nicht brauche: umso besser.
Was hast du auf deinem Weg gelernt?
Dieses Abenteuer hat mich viel gelehrt. Zum Beispiel, dass es nicht immer schön sein kann – Stichwort Dauerregen - doch dass man an solchen Tagen dennoch das Beste rausholen kann und man Freude hat bei dem was man tut.
Auch hat es mich gelehrt, dass das Leben steter Veränderung unterworfen ist. Die Natur macht es vor, mit dem Wechsel der Jahreszeiten. Jede Jahreszeit hat für sich eine wundervolle Seite, man muss nur Augen und das Herz öffnen, genau hinsehen und hinhören.
„Sei wie ein Fluss“ - hab ich mal gelesen. Und als ich auf meinem Weg lange an einem Fluss saß und diesen beobachtete, habe ich auch das für mich gedeutet: Er fließt unbeirrt in eine Richtung. Lässt sich von kleineren und größeren Hindernissen nicht abhalten, sein Ziel zu erreichen.
Das wohl Wichtigste, das ich gelernt habe ist, dass es im Leben nicht immer nur leicht sein kann. Es warten Herausforderungen und Anstrengungen, die es zu überwinden gilt. Doch wenn ich nicht aufgebe, werde ich mit einer unglaublich schönen Aussicht und dem positiven Gefühl belohnt, das mir gesteckte Ziel erreicht zu haben.
Die Natur und vor allem die Berge stecken voller Metaphern, die ich auf Alltagssituationen und Lebensabschnitte für mich übertragen kann.
Welche Voraussetzungen hattest du damals vor Beginn? Warst du schon sehr trainiert und Wanderfit?
Wandern war ich schon von Kindheit an. Allerdings nie so lange Touren. Ich wusste, ich bin trittsicher und schwindelfrei und wusste meine Fähigkeiten und Grenzen realistisch einzuschätzen. Eine Grundfitness hatte ich sicher auch. Ich denke aber, dass ich die für diese Tour notwendige Fitness unterwegs step by step erarbeitet habe.
Am Anfang der Wanderung hatte ich mit Muskelkater zu kämpfen. Der Körper gewöhnt sich mit der Zeit aber an die tägliche körperliche Betätigung und es wird von Tag zu Tag leichter. Glücklicherweise bekam ich keine Blasen. Mit meiner Auswahl der Wanderschuhe hatte ich also alles richtiggemacht.
Wie viel ´Kultur´ hast du denn eigentlich in den verschiedenen Ländern mitbekommen? Ist dir auf deinem Weg und in den Hütten abgesehen von der Sprache irgendwie aufgefallen, in welchem Land du bist?
Ich glaube dadurch, dass ich auf der Wanderung mein Augenmerk nicht so sehr auf die Kultur gerichtet habe, habe ich in dieser Hinsicht nicht viel Veränderung wahrgenommen. Klar, andere Dialekte, andere Sprache…das war das Hauptindiz eines vollzogenen Landeswechsels. Die Natur lässt sich von Landesgrenzen nicht beeindrucken. Sie geht stimmig ineinander über, ganz gleich ob du am Bergkamm auf slowenischer oder italienischer Seite stehst. Auch die Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen brach nie ab, egal wo ich mich befand.
Wie viele Pausentage hast du gemacht? Und wurdest du zu diesen wegen Regen oder Verletzung gezwungen oder waren diese freiwillig gewählt?
3 Pausentage habe ich auf der Tour gemacht. Erstere war notwendig, um zu Beginn mit den Hüttenöffnungszeiten auf dem Karnischen Höhenweg gleichzuziehen. Sonst wäre ich stets vor verschlossener Tür gestanden. Die Weiteren waren frei gewählt, auch wegen einem sehr verregneten Tag, den ich lieber entspannt in einem Ort und einer trockenen Unterkunft verbrachte.
Welche Etappen sind dir besonders im Gedächtnis geblieben?
Die Zeit war so intensiv, dass ich hier unzählige Etappen erwähnen könnte. Ich habe ja auch ein paar zusammengefügt, daher stimmen sie nicht ganz mit den offiziellen Etappen überein. Aber besonders hängen geblieben sind aber meine Etappe 8, der Abstieg nach Trenta, wo unzählige Schneefelder den Weg am Berghang versperrten.
Außerdem sehr beeindruckend war meine Etappe 21. Ohne technische Hilfsmittel wie Busse oder Bergbahnen tagelang unterwegs zu sein, und plötzlich vor den Drei Zinnen zu stehen, war sehr beeindruckend für mich.
Noch erwähnenswert hier ist meine Etappe am Aletschgletscher. Das hat mich sehr berührt.
Diese Etappe bietet schöne Ausblicke auf die Julischen Alpen und den Bohinjer See.
Von der Sillianer Hütte geht es auf dem Karnischen Höhenweg zur Helmseilbahn. Diese dient als Ausstiegshilfe nach Sexten. Ein Dolomitenhöhenweg ...
Welche Hütten haben dir am meisten das Gefühl eines herzlichen ´Willkommen´ vermittelt?
Auf allen Hütten fühlte ich mich sehr willkommen. Die Wolayerseehütte hat es mir besonders angetan. Hier hatte ich einen Pausentag, saß viele Stunden vor dem wunderschönen Panoramafenster mit Blick auf den Wolayersee und habe die Herzlichkeit der Hüttenleute genossen.
Wie hast du das logistisch mit Wasser und Verpflegung gemeistert? 120 Tage Hüttenessen geht wahrscheinlich ganz schön ins Geld?
Meistens habe ich natürlich auf den Hütten gegessen. Schließlich kommt es den herzlichen HüttenwirtInnen zugute, bei ihnen zu essen. Und ohne die HüttenwirtInnen wären Wanderungen dieser Art nicht möglich. Dafür hatte ich genug Geld angespart, um mir die Wanderung in der Form leisten zu können.
Erschien es dir irgendwann mal komisch, gefährlich oder blöd alleine unterwegs zu sein? Und gesellten sich manchmal auch andere Gleichgesinnte dazu?
Natürlich stellte ich mir immer mal wieder in anstrengenden Augenblicken die Frage: „Warum tust du dir all die Anstrengung an?“ Ich denke Momente des Zweifelns gehören dazu. Ich hatte allerdings das unglaublich große Glück, schon nach wenigen Wandertagen auf einen Wanderer mit gleichem Vorhaben zu treffen. Die gemeinsame Wanderzeit harmonierte so gut, dass wir einen Großteil der Tour gemeinsam angingen. Das machte natürlich besonders das Meistern von Gefahrensituationen leichter.
Wie hast du die Natur um dich herum wahrgenommen?
Sehr viele Eindrücke strömten jeden Tag auf mich ein. Ich habe mich auf die kleinen und unscheinbaren Dinge fokussiert, die man sonst gerne im Alltag übersieht. Blumen am Wegesrand zum Beispiel, kleine Insekten um mich herum oder einzelne Gerüche und Naturgeräusche. Tiere begegneten mir täglich. Vögel, Gämsen, Rehe und Murmeltiere traf ich wohl am Meisten an. Aber auch Steinböcke und natürlich viele kleine Tiere wie Mäuse, Käfer, Schmetterlinge, Ameisen und und und….
Wie oft hast du dich gefragt, warum du das gerade machst? Hast du jemals gezweifelt, warst du kurz vor Abbrechen?
Diese Momente, in denen ich mir diese Frage stellte, kamen und gingen. Wenn es besonders anstrengend wurde, kamen die Zweifel. Sobald ein Anstieg geschafft war und ich mit einem atemberaubenden Ausblick belohnt wurde, waren die Zweifel wieder hinfort gewischt. Außerdem habe ich mich nie selbst unter Druck gesetzt, das Vorhaben bis zum Ende durchziehen zu müssen. Ich habe mir stets offengehalten, jederzeit abzubrechen, wenn ich keine Begeisterung und Leidenschaft mehr für die Wanderung empfinde. So habe ich immer wieder in mich hineingehorcht und mich stets fürs Weitermachen entschieden.
Wie hast du dich gefühlt als es vorbei war? Wie war der Schritt zurück in deinen Alltag? Warst du happy oder traurig?
Die Tour beendete ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Natürlich war ich sehr stolz auf meine Leistung, freute mich auf Freunde und Familie sowie ein wenig mehr Beständigkeit. Auf der anderen Seite war diese unglaublich tolle intensive Zeit nun vorbei und ich musste mir erst wieder einen geregelten Alltag aufbauen, was mit viel Anstrengung einhergeht.
Was sie hier erlebt hat, passt in ein ganzes Buch. So hat Marina auch ein E-Book zum kostenlosen Download für Wanderbegeisterte verfasst. Mehr Infos dazu findest du auf ihrem Profil.
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Diese Etappe bietet schöne Ausblicke auf die Julischen Alpen und den Bohinjer See.
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Wer nicht so viel Zeit hat, um den kompletten roten Weg der Via Alpina zu gehen, kann sich hier gerne von den Highlights inspirieren lassen. Eine Mehrtageswanderung lohnt sich auf jeden Fall.
Der alpine Teil des Karnischen Höhenwegs führt von Sillian bis zum Plöckenpass. Die Ausgangspunkte sind gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln ...
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